Tiki-Cocktails: Große Bar-Kunst oder doch nur Rum mit Saft?

Das Kern-Portfolio von Perola umfasst neben Cachaça, Pisco, Mezcal, Tequila und Gin vor allem eins: jede Menge Rum. Eine Spirituose, die gerade – zumindest ein bisschen – boomt und immer mehr Freunde findet, die für einen kräftigen Jamaicaner jeden Wacholderbrand liegen lassen. Im Zuge dessen boomt aber nicht nur die Spirituose selbst, sondern auch ein Cocktail-Stil der untrennbar mit dem Zuckerrohrschnaps verbunden ist: Tiki.

Hawaiihemden, Baströcke, Holzfratzen an der Wand, Gläser die aussehen wie wütende Kobolde und Meerjungfrauen. Saft, Rum, Saft, Rum, Limetten. Saft, Rum. Bambus an den Wänden und Plastikpapageien an der Bar. All das ist Teil der Tiki-Kultur: Ein Kitsch-Inferno, das wahllos Einflüsse polynesischer Kulturen mit ganz viel Rum zu einem Kurzurlaubs-Kuddelmudell kombiniert, das für den einen Lebensfreude pur und Abschalten vom Alltag bedeutet, für den anderen die Erznemesis ernsthafter Barkultur darstellt. Ein Konflikt. Reden wir darüber.

Woher kommt Tiki eigentlich?

Tiki ist ein Wort, das in vielen polyneischen Sprachen existiert und bezeichnet mal einfach den „Menschen“ oder „Mann“ an sich, mal steht es für den ersten Menschen überhaupt, der von den Göttern erschaffen wurde. Tiki bezeichnet heute hauptsächlich einen Cocktail-, Einrichtungs-, Kleidungs- und Party-Stil, der im Wesentlichen das widerspiegelt, was sich Amerikaner zwischen 1940 und 1960 unter polynesischer Kultur vorstellten.

Und mit „polynesischer Kultur“ meinte man damals „Hawaii-Urlaub“. Jetzt ist die Inselgruppe zwar sicher der prominenteste Teil dieses unglaublich weitläufigen Gebiets, ganz grob umzeichnet Polynesien aber alle Inseln in der Mitte des Pazifiks. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ein  Traum-Urlaubsziel für Millionen von Menschen. Beim Traum bleibt es aber für die meisten: Der Spaß ist zu teuer.

Ein schlauer Mann namens Ernest Gantt sieht darin das ganz große Geschäft: er bringt den Urlaub im Paradies einfach zu den Menschen nach Hause. 1933 eröffnet er das Restaurant „Don's Beachcomber“, ändert seinen Namen in Donn Beach und serviert in exotischer Atmosphäre exotische Drinks und Gerichte, mit denen sich die Leute fühlen sollen, als wären sie für ein paar Stunden nach Hawaii geflogen. Die Speisen sind größtenteils kantonesisch, aber das interessiert keinen. Und mit dem Rum in den fruchtigen Tiki-Cocktails ist das ganz ähnlich.

Der Ursprung der Tiki-Cocktails

Donn Beach ist zusammen mit seinem Konkurrenten und Erzfeind Trader Vic für den Löwenanteil der klassischen Tiki-Drinks verantwortlich. Dass er für die zu 99 Prozent auf Rum setzte, hatte mit Authentizität wenig zu tun, der stammt damals wie heute zu großen Teilen aus der Karibik ein Weltmeer weiter rechts. Donn schaut vordergründig auf den Preis: Rum war während der amerikanischen Prohibition eine große Nummer, er wurde im Ausland produziert, also konnte man ihn schmuggeln und zumindest im Urlaub davon naschen. Als 1933 Alkohol wieder erlaubt wurde, tranken die USA wieder Gin und Whiskey, Rum gab’s auf einmal zum Schleuderpreis.

Damit die Drinks dann auch möglichst nach Exotik und Urlaub schmecken, werden sie mit allerhand Säften gemischt, gerade die Ananas spielt hier eine große Rolle – die wird damals noch hauptsächlich aus Hawaii importiert. Damit steht dann auch das Grundrezept für das Gros der Tiki-Drinks: Saft und Rum und davon möglichst viel. Kleine Portionen gibt’s im Tiki nicht, schließlich ist Tiki Urlaub, so die Logik dahinter. Aber was ist daran jetzt so toll, dass es plötzlich wieder alle aufgreifen? Dass plötzlich wieder allenthalben Tiki-Bars eröffnen und Rum-Hersteller im Hawaiihemd zur Masterclass kommen? Sind die denn alle geschmacksverwirrt?

Tiki-Cocktails im hier und heute

Nun, ein paar davon ganz sicher. Der Rest der modernen Tiki-Fans ist sich aber einfach einig, dass man durchaus einen von Spaß erfüllten Gegenpol zur eher ernsten, erwachsenen Classic Cocktail-Bewegung haben kann, ohne dass wir gleich ins finstere Cocktail-Mittelalter zurückfallen. Überhaupt beruht die Abneigung auf Tiki-Drinks bei den meisten eher darauf, dass sie jahrelang mit schlechten Varianten von Zombie, Navy Grog und Mai Tai gequält wurden.

Dabei ist gerade Letzterer ein Paradebeispiel dafür, dass Tiki eben nicht immer nur Saft, Saft, Saft ist: Zwei Rum-Sorten, Limettensaft, Triple Sec und Orgeat – mehr gehört da eigentlich nicht rein und mehr braucht man auch nicht für einen hervorragenden Drink, der wirklich zur Genüge „ENTSPANNUNG JETZT!“ durch die Bar brüllt.

Dem entgegen steht mit dem Zombie so etwas wie der hochprozentige Prototyp des Tiki-Grauens: Im Original mixt man ihn mit drei Sorten Rum, Rum-Likör und Absinth, einer Prise Grapefruitsaft, Limette und Grenadine. Eine „neuere“ und weiterverbreitete Variante des Rezepts von 1956 bringt noch Maraschino und eine gute Portion Ananassaft ins Spiel.

So oder so reden wir hier von um die zehn Zutaten für einen Zombie. Und genau da wird’s für den Cocktail-Connoisseur von Welt kritisch. „Wie soll man denn in diesem seelenlosen Melasse-Gulasch noch irgendwas rausschmecken?“ fragt er sich und trinkt wütend seinen Trockenen Martini. Heute mal mit Silberzwiebel statt Zitronenschale. Vogelwild.

Leidenschaft und frische Zutaten

Dabei kommt es bei Tiki-Drinks genau wie beim gut gemachten Martini darauf an, dass man a) gute und b) frische Zutaten verwendet und das natürlich im richtigen Verhältnis. Discounter-Rum mit Tetrapacksaft wird niemals einen guten Cocktail ergeben, genauso wie Billig-Wacholder mit getrockener Zitronenzeste aus der Tüte kein Meisterwerk mehr wird.

Hochwertiger, gereifter Jamaica-Rum, ein frucht-lastiger weißer Rum, dazu frischgepresster Saft – das kann große Kunst sein. Das beweisen einige der alten Klassiker genauso wie die modernen Kreationen, die sich die professionellen Tiki-Fans an den Bambus-Bars Deutschlands jede Woche ausdenken. Tiki kann tatsächlich auch „echte“ Barkultur sein. Auch, ja auch, wenn der Bartender am Ende mehr Zeit damit verbringt, aus Brombeeren, Minze, einem Zahnstocher und einer halben Limette einen Fascinator für den Tikimug zu bauen als er für den eigentlichen Drink aufwendet. Wir haben schließlich Urlaub. 

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