Perola's Makers: Ron Cihuatán Master Blender Gabriela Ayala im Interview

Gabriela Ayala istMaster Blender bei Ron Cihuatán, dem ersten und bisher einzigen Rum aus El Salvador. Damit ist sie bei der Licorera Cihuatán verantwortlich für perfekten Geschmack und stabile Qualität. Uns erzählt sie, was das in der Praxis bedeutet und wie man zu einem Job kommt, bei dem der Tag mit der Verkostung von Rum anfängt.  

Perola: Nicht jeder unserer Leser weiß, was ein Master Blender genau macht – kannst du uns erzählen, wie ein normaler Arbeitstag bei dir aussieht?

Gabriela: Nach knapp vier Jahren in dem Job bin ich zu dem Schluss gekommen, das man Kunst und Technik kombinieren muss, wenn man ein wirklich herausragender Master Blender werden will.

Mein Tag beginnt normalerweise mit einem Tasting. Ich habe herausgefunden, dass genau dann mein Geschmackssinn und meine Kreativität am besten funktionieren. Für mich ist verkosten eine Kunst, weil Inspiration und Feinfühligkeit lebenswichtig sind, um neue Blends zu erschaffen und Ron Cihuatán auszubalancieren. Einen großartigen Rum zu machen, das ist etwas sehr emotionales.

Paradoxerweise ist es genauso wichtig, die Technik und die Mathematik des Prozesses im Auge zu behalten. Ein Rum-Profil nachzubauen, beispielsweise wenn ich sicherstelle, dass jede Flasche Cihuatán so schmeckt wie die davor, ist eine meiner größten Herausforderungen. Das ist der Teil, bei dem mir meine technische Ausbildung als Chemie-Ingenieurin am meisten hilft. Ich bin stolz darauf, für jeden neuen Batch Rum die höchste Qualität an Geschmack und Aroma garantieren zu können.

Perola: Du sagtest ja gerade schon, dass du vor dem Start deiner Rum-Karriere Chemical Engeneering studiert hast. Wie hast du von dort den Weg zu Ron Cihuatán gefunden?

Gabriela: Bevor ich zu Cihuatán kam, arbeitete ich in der Salvadorischen Zucker-Industrie und entwickelte dort neue Produkte. Aus dieser Zeit habe ich viel Erfahrung mit Zucker-Nebenprodukten mitgenommen und verstehe die tiefe Verbindung, die jedes Land zu seinen Rums pflegt. Tatsächlich habe ich mich damals schon gefragt, warum El Salvador zwar herausragendes Zuckerrohr besitzt, aber keinen eigenen Rum.

Durch Glück (oder Schicksal?) habe ich eine Job-Ausschreibung entdeckt, die mich sofort faszinierte. Gesucht wurde eine Person für die Zucker-Industrie, die keine Angst vor einer ungewissen Zukunft hat – also habe ich mich beworben. Ich traf mich mit Juan Alfredo Pacas, Vizepräsident von Licorera Cihuatán. Er erzählte mir alles über seine Vision vom ersten Rum unseres Landes und darüber, dass sie einen Master Blender einstellen wollen. Das war aufregend. Ich wusste nur wenig über Rum an sich, aber ich kannte mich mit Chemie und Zucker aus. Also habe ich mich der Herausforderung gestellt. Bis heute lerne ich jeden Tag dazu.

Perola: In einem anderen Interview hast du einmal erwähnt, du würdest gerne Koch-Unterricht nehmen, um deinen Geschmacks- und Geruchssinn noch weiter auszubauen. Glaubst du, die tägliche Arbeit mit Rum hat bereits verändert, wie du Speisen und Getränke wahrnimmst? Haben sich in dieser Zeit deine Vorlieben geändert?

Gabriela: Rum hat mich sogar sehr stark verändert! Bevor ich als Master Blender gearbeitet habe, habe ich Essen und Trinken keine große Aufmerksamkeit gewidmet und bin normalerweise bei den immer gleichen Sachen geblieben. Wenn ich etwas mochte, gab es für mich keinen Grund, etwas zu verändern. Und dann trat der Rum in mein Leben.

Meine Neugier auf neue Erfahrungen wuchs. Neue Geschmäcker zu entdecken, führt normalerweise zu sehr schönen Erfahrungen. Inzwischen frage ich bei jedem Besuch in einem neuen Restaurant oder einer Bar nach der Empfehlung des Chefs. Ich probiere auch liebend gerne alles, was mit Zutaten aus der jeweiligen Region hergestellt wurde und benutze meine Sinne, um zu erraten, was ich da gerade esse.

Jemand mit viel Erfahrung in der Welt des Rums sagte einmal zu mir: “Willkommen in dieser verrückten Welt. Wenn du einmal angefangen hat, alle Dinge mit vollen Sinnen zu erleben, ist es sehr schwer, sie genauso zu sehen wie davor.” Das ist so wahr. 

Perola: Abgesehen von der einzigartigen Herkunft, was denkst du, macht Ron Cihuatán so besonders? 

Gabriela: Das Team hinter der Marke. Das ist aber etwas, das nur die verstehen, die schon mal die Gelegenheit hatten, uns zu treffen. Wir alle hier bei Ron Cihuatán lieben dieses Projekt und möchten es zum Erfolg führen. Deshalb überschreiten wir für unser Produkt Grenzen. Hier steckt echte Leidenschaft hinter jeder Flasche.   

Perola: Um jetzt doch nochmal zur Herkunft zurückzukommen: Wie Ron Cihuatán in vielen Videos zeigt, finden nicht viele Menschen El Salvador auf dem Globus. Kannst du uns ein wenig über dein Land erzählen und wie Ron Cihuatán seinen Charakter widerspiegelt?

Gabriela: El Salvador und Ron Cihuatán haben viel gemeinsam – aber der wichtigste gemeinsame Nenner sind die Menschen.  Wie bereits erwähnt, sind sie die geheime Zutat bei Cihuatán. Salvadoraner arbeiten hart und sind sehr optimistisch – beides ist irre wichtig in einem Startup.

Die meisten Leute, die uns hier in El Salvador besuchen, verlieben sich in unser Land und erliegen dem Charme seiner Bewohner.

Perola: Genau wie für jeden anderen Rum ist auch für Ron Cihuatán Zuckerrohr der Rohstoff. Cihuatán startete aber direkt als Rum von Zuckerrohr-Herstellern. Bis heute baut die Licorera ihr eigenes Zuckerrohr an. Glaubst du, dass ihr  deshalb ein anderes Verhältnis zu eurem Rum habt als andere Hersteller?

Gabriela: Definitiv! Es ist ein großer Wettbewerbsvorteil, dass wir permanent direkten Kontakt zu unserem Rum haben, angefangen bei der Zuckerrohrsaat.

Wie schon erwähnt, habe ich mein Arbeitsleben ja in der Welt des Zuckers begonnen. Dort habe ich gelernt, Geschmäcker zu erkennen, Aromen und Farben von unterschiedlichen Zucker-Sorten. Es ist beeindruckend, zu sehen, wie diese Eindrücke in den Rum übergehen und sogar noch beeindrucker, wie sie während der Lagerzeit noch komplexer werden.

Das bringt mich dazu, über all die Möglichkeiten in der Wertschöpfungskette von Rum nachzudenken. Wie viele Rum-Profile können wir in der Licorera Cihuatán überhaupt erschaffen? Darauf bin ich sehr gespannt. 

Perola: Ron Cihuatán reift in getoasteten Bourbon-Fässern, die natürlich ihren Anteil am finalen Geschmack des Rums haben. Wie groß, glaubst du, ist dieser Anteil und noch wichtiger: wie viel Arbeit ist es für dich, die richtigen Fässer zu finden?

Gabriela: Der Reifeprozess ist ziemlich faszinierend. Er spielt defintiv eine entscheidende Rolle im Profil eines Rums. Wenn ich den Aging-Prozess einem Rum-Einsteiger erkläre, vergleiche ich das Fass gerne mit einem Reaktions-Tank. Hier wird Alkohol in Rum verwandelt. Abgesehen von den Umwelteinflüssen, sind es vor allem die Eigenschaften des Fasses, die dem Rum das gewünschte Profil geben, dazu gehören unter anderem die Holz-Art, der Grad des Toastens, der ehemalige Inhalts des Fasses oder die Menge an Tanninen.  

Ron Cihuatán hat zum Beispiel eine charakteristische Vanille- und Mandelnote, die wir mit medium getoasteten Bourbon-Fässern erreichen. Teil meiner Aufgabe als Master Blender ist es auch, neue Eichenfässer zu finden und zu kaufen, die zu unseren Rum-Sorten passen. Bei der Licorera Cihuatán hat jedes Fass eine Identifikationsnummer, weil jedes einzigartig ist. Mit diesem Code können wir den Einfluss der Fässer nachverfolgen. Die besten wandern in unseren Single Barrel-Bereich.

Perola: Planst du, auch mit anderen Fässern zu arbeiten? Zum Beispiel mit Ex-Sherry-Casks oder Fässern, in denen zuvor andere Rums lagerten?

Gabriela: Natürlich! Wenn ich Ex-Sherry- und Ex-Cognac-Fässer oder solche aus französischer Eiche verwenden kann, ist das für mich wie kochen mit verschiedenen Gewürzen.

Perola: Auf der BCB konnte man als Besucher bereits die Prototypen für neue Cihuatán-Varianten probieren. Nicht viele Spirituosen-Unternehmen machen so etwas. Wie wichtig ist für euch die Meinung von Endkunden und Bartendern? Und noch wichtiger: Überrascht es euch manchmal, was die Leute von euren Rums halten?

Gabriela: Wenn du an der Entwicklung eines neuen Produktes arbeitest, sind Fokus-Gruppen und Tastingas das A und O. Nichts geht über Feedback aus erster Hand, wenn du wissen willst, wo du etwas verbessern kannst, welche Möglichkeiten du hast und wo du vielleicht etwas übersiehst. Die BCB ist das beste Event, um neue Spirituosen vorzustellen, also haben wir das genutzt.

Nach einer Verkostung sind wir praktisch immer überrascht, wie die Leute über unseren Rum denken. Beispielsweise haben die meisten Besucher auf dem Bar-Convent einen Rum bevorzugt, der nicht mein persönlicher Favorit war – aber ich kann total verstehen, warum er so vielen Leuten gefällt. 

Perola: Wir wissen, dass du gerade am Cihuatán 15 arbeitest. Kannst du uns schon was über den Rum erzählen? Vielleicht ein paar kleine Ausblicke auf’s Geschmacksprofil?

Gabriela: Für den Cihuatán 15 habe ich die schweren Geschütze aufgefahren und einen der besten Rums benutzt, die wir haben: Ron Tajtli. Ron Tajtli ist einer der ältesten und brillantesten Rums in unseren Kellern. Seine Haupt-Aromen bestehen aus Ananas und karamellisierter Orange – er ist wahnsinnig lecker. Als Sneak Peak: Es ist sehr wahrscheinlich, dass du seine Noten wiedererkennst, wenn du an Cihuatán 15 nippst.  

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